„From Hell“ von Eddie Campbell und Alan Moore – Jack the Ripper als Kunstwerk

Wer nach Infos zu einem der legendärsten Kriminalfälle der Geschichte sucht, wird schnell fündig. Man steht dann vor einem Berg an mehr oder weniger seriösem Material. Immer noch, 120 Jahre nach den Morden von Jack the Ripper, fasziniert dieser die Menschen und beflügelt ihre Fantasie. Doch keiner kommt wohl an das Werk von Eddie Campbell und Alan Moore heran.

Wir alle kennen die Geschichte: Im Londoner Armenviertel Whitechapel bringt ein unbekannter Killer im Jahr 1888 vier Prostituierte um. Er schlitzt ihnen die Kehlen auf und verstümmelt sie auf bestialische Art und Weise. Bis heute ist der Fall ungelöst und so ranken sich viele Theorien um den Mann aus der Hölle.

Eine dieser Theorien wird im Film „From Hell“ mit Johnny Depp ausgebreitet. Ich muss sagen, ich mag diesen Film. Doch wohl nur wenige wissen, dass er auf einem Comic basiert. Und auf was für einem Comic, besser einer Graphic Novel! Aber auch das ist noch untertrieben. „From Hell“ von Eddie Campbell und Alan Moore ist eine Meisterwerk, ein Opus Magnus!

Der Film hat mit diesem Comic nur das Grundprinzip gemein. Inspector Abberline, der die Ermittlungen im Fall Jack the Ripper leitet, hat im Comic keine Visionen. Dafür ist der Hellseher Robert Lees da und dieser braucht dafür auch kein Opium… Sowieso weiß der Leser des Comics ziemlich schnell, wer der Mörder ist. So wird man hier, anders als im Film, in die Psyche des Killers hineingezogen. An den Ort aus der Hölle selbst…

Über 600 Seiten erzählt Moore aber nicht nur die Geschichte des Killers, sondern zeichnet ein Bild des viktorianischen Londons und dessen Gesellschaft, ein Ort am Abgrund des nächsten Jahrhunderts. Fiktion und Realität verschmelzen zu einem Vorort der Hölle. Es geht um das Böse im Menschen und um die grenzenlose Macht weniger über viele.  Eddie Campbells Zeichnungen unterstützen dieses Gefühl, ja, sie ziehen uns selbst hinein. Man kann die dreckigen Straßen riechen, die unbekannte Zukunft des neuen Jahrhunderts schwebt über einem und Jack the Ripper ist uns näher als es uns manchmal lieb ist. Düster sind die Bilder, düster ist auch die Atmosphäre, grenzenlos die Faszination.

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Zehn Jahre hat sich Moore wie ein Besessener mit dem Fall beschäftigt, hat sich auf die Spuren des berühmten Killers begeben. 1988, genau hundert Jahre nach den Morden, fing seine Suche an und die Fakten, die er zusammengetragen hat, könnten beeindruckender kaum sein. Man sieht sie, man liest sie und denkt sich ja, genau so könnte es gewesen sein. Es geht um eine Intrige im Königshaus und um ein Geheimnis, das nie an die Öffentlichkeit geraten sollte. Auch, wenn diese Theorie von manchen als unwahrscheinlich abgetan wird, ist sie immer noch eine der plausibelsten, so gut fügen sich die Einzelheiten ineinander. Fakt oder Fiktion?

Im Anhang wird dann noch fast jede einzelne Seite des Comics kommentiert. Man schaut noch mehr in die Geheimnisse, dringt noch tiefer ein und am Ende glaubt man alles über Jack the Ripper zu wissen. Doch immer noch bleiben Fragen offen…

„From Hell“ von Eddie Campbell und Alan Moore ist eines der beeindruckensten Werke im Bereich Graphic Novel, wenn nicht sogar literarisch überhaupt. Kunst ist es allemal. Tauchen wir also ein, in die Psyche von Jack the Ripper, wieder und wieder…

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