„Warten auf Godot“ von Samuel Beckett – Das Leben ist ein absurdes Theaterstück

Das absurde Theater gehört für mich persönlich zu den faszinierendsten und irgendwie auch wahrhaftigsten Spielformen auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Und Samuel Beckett ist wohl unumstritten der Meister des Absurden. Er beschreibt die Sinnlosigkeit der Welt auf eine tragisch-komische Weise, die (zum Glück) einmalig ist.

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Das Theaterstück, das seinen Ruhm als Schriftsteller begründete und wohl auch sein berühmtestes ist, ist mit Sicherheit “Warten auf Godot”. Der Titel des Stücks ist inzwischen sogar zu einem geflügelten Wort in unserem täglichen Sprachgebrauch geworden. Beschreibt es doch auf geniale Weise die zutiefst menschliche Eigenschaft des permanenten und meist sinnlosen Wartens auf irgendetwas.

Und genau dies ist der Kern des Stücks: Die Handlung ist ebenso absurd wie wahr. Zwei Landstreicher, Wladimir und Estragon, verbringen das ganze Stück über ihre Zeit damit an einem undefinierbaren Ort auf einen gewissen Godot zu warten. Zwischendurch kommt immer mal wieder ein Junge, der mitteilt, dass sich seine Ankunft noch verzögern wird. Auch ein Herr und sein Sklave, Pozzo und Lucky, kommen ab un zu mal vorbei. Ansonsten sitzen sie da, tauschen Banalitäten aus, langweilen sich… So wie Warten halt so ist.

Zum Ende des Stückes hin merkt man dann langsam, das Warten war vergeblich. Oder kommt er doch noch? Nach dem Stück ist vor dem Stück. Godot ist nicht erschienen, der Vorhang zu.

Aber genau das ist unsere Welt. Ich habe das Stück immer als eine Allegorie auf das Menschsein verstanden. Ständig warten wir auf etwas, jemanden, einen Erlöser, den Heiland, eine bessere Chance. So ist “Warten auf Godot” für mich eine gelungene Parodie auf die Verschwendung der Zeit und vielleicht so etwas wie Religion. Es gibt Herren und Sklaven, die auch manchmal die Plätze tauschen, es gibt Unbeteiligte und Versager, und sie alle warten…

Am Ende haben die Zuschauer mit den Protagonisten zusammen auf Godot gewartet. Wer er ist und warum man überhaupt wartet, weiß man nicht und wird man auch nie wissen.

In den ersten Jahren nach der Pariser Uraufführung des Stücks 1953 verließen einige Menschen schon in der Pause verärgert den Saal. So jagte ein Skandal den nächsten. Es sei langweilig, nichtssagend, absolut absurd und sinnlos.

Aber genau das ist der Punkt. Getreu nach dem Existenzialismus: So ist das Leben. Aber genau deshalb ist es ja auch so spannend und macht so einen Spaß. Du weißt nie, ob und wann etwas kommt…

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3 Kommentare

  1. steppenwölfin

    18. November 2008 at 17:16

    „Büchervielfalt“ ist ein Leckerbissen für
    jeden Bücherwurm! Sehr empfehlenswert!

  2. Bonaventura

    18. November 2008 at 23:57

    Becketts Theater als absurd zu bezeichnen ist absurd. Nichts an Becketts Stücken ist absurd. Man sollte endlich aufhören, diese irreführende Bezeichnung zu verwenden.

  3. Nina

    19. November 2008 at 12:20

    Danke steppenwölfin… 😉

    @ Bonaventura: Da bin ich voll und ganz deiner Meinung! Aber so nennt sich die Sparte leider nunmal… Wie gesagt, ich finde Beckett bildet einfach nur die überspitzte Wirklichkeit ab. Okay, bis auf so manche Motive (Ich sage nur in „Endspiel“ die beiden in den Tonnen oder in „Happy Days“ die Protagonistin im Sandhaufen). All diese Motive sind aber im Grunde nur Symbole. Von dem her finde ich den Begriff absurdes Theater generell am Thema vorbei.

    Aber viele Leute wollen irgendwie nicht einsehen, dass das Leben schon absurd genug ist… Die wollen ins Theater gehen, sich unterhalten lassen und dann bloß nicht über den ganzen Kram nachdenken.

    LG, Nina

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