Angehörigen-Entlastungsgesetz: Einkommensgrenzen werden gesenkt

Wenn ein Mensch zum Pflegefall wird, kann das für die Familie teuer werden. Bei durchschnittlich rund 1.700 Euro im Monat liegt in Deutschland aktuell der Eigenanteil für einen Pflegeheimplatz. Oft müssen Angehörige mit ihrem eigenen Einkommen einspringen, weil ihre Verwandten keine Rücklagen gebildet haben – und können somit schnell in finanzielle Nöte geraten. Mit dem neuen Angehörigen-Entlastungsgesetz will die Bundesregierung Familien zukünftig vor solchen Situationen bewahren.

Einkommensgrenze bestimmt, wer zahlen muss

„Die Inanspruchnahme unterhaltsverpflichteter Angehöriger soll mit diesem Gesetz erheblich begrenzt werden“, heißt es in der Vorlage zum Gesetzentwurf. Im Klartext bedeutet das: Künftig müssen Angehörige von Pflegefällen erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro einen persönlichen Beitrag zu den Pflegekosten leisten. In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt diese Einkommensgrenze bereits heute.

Zudem wird auch eine Entlastung von Eltern von bereits volljährigen Menschen mit Behinderung angestrebt. Wenn zum Beispiel deren Wohnung barrierefrei umgebaut werden soll, werden die Eltern bislang noch an den Kosten beteiligt. Auch hier gilt fortan die Einkommensgrenze von 100.000 Euro brutto – pro Kind und Jahr.

Bisherige Grenzen wesentlich niedriger

Mit einem Jahreseinkommen von 21.600 Euro netto bei Alleinstehenden und 38.800 Euro netto bei Familien lagen die Einkommensgrenzen bislang wesentlich niedriger. Viele Kinder von Pflegebedürftigen gerieten durch diese niedrigen Grenzen schnell in eine finanzielle Schieflage. Die Folge: Weil sich die Familien einfach keinen Pflegeplatz leisten konnten, blieben dringend pflegebedürftige Menschen trotzdem zu Hause. Zudem war es bisher ein langer und zäher Prozess, bis die kommunalen Sozialämter Unterstützung gewährten, der nun mit der Umsetzung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vereinfacht werden soll.

Wer profitiert vom Angehörigen-Entlastungsgesetz?

Rund 275.000 Betroffenen soll laut Angaben von Bundessozialminister Hubertus Heil durch das neue Gesetz finanziell unter die Arme gegriffen werden. Das wäre bei rund 3,41 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland ein eher überschaubarer Anteil von rund acht Prozent. Viel höher dagegen sind die Zahlen, die der Deutsche Städtetag angibt: Dort schätzt man, dass zukünftig neun von zehn Angehörigen nicht mehr einen Beitrag zur Pflege leisten müssen. In der Folge wird ein starker Anstieg bei der Nachfrage nach Heimpflegeplätzen erwartet.

Wie hoch sind die Kosten und wer bezahlt?

Die Kosten belaufen sich laut Gesetzentwurf auf 300 Millionen Euro pro Jahr. Kommunen, die für die Sozialhilfe aufkommen, müssen dafür aufkommen. Den zu erwartenden Mehrkosten für Länder und Kommunen würden aber auch bislang nicht genau bezifferbare Einkommenssteuermehreinnahmen gegenüberstehen, wie die Bundesregierung betont. Denn durch die neue Regelung könnten zukünftig weniger Angehörige von Pflegebedürftigen in ihrer Steuererklärung Vorteile geltend machen.

 

Bild: pixabay.com, QuinceMedia, 3577254

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