Mädchen lernen anders, Jungs auch! – Wie man Klischees heranzieht

Der Pons Verlag, der für seinen Lehrbücher und Grammatikhilfen bekannt ist, hat im Sommer separate Lernhilfen für Jungen und Mädchen herausgebracht. Doch statt den Kindern das Lernen auf vielfältige Weise schmackhaft zu machen, setzt man auf alte Rollenklischees.

Pons bringt unterschiedliche Schulbücher für Jungs und Mädchen auf den Markt

Wie Mädchen rechnen lernen? Bei Pons geht das so: 3 Meerjungfrauen wollen sich neuen Schmuck und Flossenstrumpfhöschen kaufen, wie viele Teile werden also insgesamt eingekauft? – Im Lernbuch für die Jungs zählt man statt dessen die Freunde auf dem Fußballplatz zusammen.
Dass die Mädchenbücher in Rosa, die für Jungs in Blau gestaltet wurden muss ich kaum noch erwähnen.
Kommen dann mal Frauen im Jungsbuch vor, sind es böse, eigenwillige Hexen, die zur Strafe von einem Monster verschleppt werden oder Prinzessinnen, die sehnsüchtig darauf warten von den starken Männern gerettet zu werden.
Und schießt dann auch mal ein Mädchen im rosa Büchlein ein Tor beim Fußball, weil sie keine Lust mehr auf das Spiel mit Puppen hat, wird sie sogleich von einer Geschlechtsgenossin bekehrt und wird – wortwörtlich – „schnell wieder zum Mädchen“. Weil Menschen, die Fußball spielen Jungs sind? – Weil Frauen nur sanft und hilfsbedürftig sind, sonst werden sie bestraft? Herzlich Willkommen in den 50ern.

Gender Trouble vs. Prinzessin Rosarot

Warum das so problematisch ist? Weil nachweislich getestet wurde, dass ein Kind in jungen Jahren, wenn man es unbeobachtet mit den unterschiedlichen Spielsachen allein lässt, sowohl zur Puppe als auch zum Fußball oder Spielzeug-Auto greift, Egal ob Junge oder Mädchen.
Kommt jedoch ein Kind des gleichen Geschlechts in den Raum und spielt ausschließlich mit einem bestimmten Spielzeug, wird dieses Verhalten nachgeahmt.
Gender, also soziales Geschlecht, entwickelt sich unabhängig vom naturgegebenen Geschlecht – durch Nachahmung, Sozialisation und eben durch Lernen.
Wie verwirrend ist ein Schulbuch für ein Mädchen, dass gerne Fußball spielt, wenn dort steht, dass es dann im Umkehrschluss kein Mädchen mehr ist? Wie soll ein Junge verstehen, dass Frauen die selbstbewusst sind, bestraft gehören oder nur dann eine Rolle im Leben eines Mannes spielen, wenn er sie retten muss?
So darf man sich also auch die nächsten Jahre noch über die durch die zementierten Geschlechterklischees und Stereotypen und damit verbundenen Ungerechtigkeiten und Probleme aufregen und ich, ich darf mich freuen, wenn ich mal so einen Artikel schreiben darf, statt Kochrezepte.

Einen ausführlichen TAZ-Artikel über die Inhalte der Bücher gibt es auch hier

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