Ich, Ich und nochmal ich…

Dieses Wochenende hat der Fußball-Golem Oliver Kahn seine Karriere beendet. Wir werden alle trauern und die hochintelligenten Aussagen dieses bescheidenen Mannes vermissen. Und passend zum Karriere-Aus kommt ein absolut gut gemeinter und selbstloser Ratgeber heraus, in dem der Sigmund Freud des Sports seine Weisheiten in Sachen Psychologie des Erfolges mit uns teilt.

Passend kommt er dann auch in seinem Buch, mit dem bescheidensten Titel überhaupt, „Ich“ zu der grandiosen Erkenntnis, dass „Erfolg von innen kommt“. Bravo!

In einer absolut einmaligen und noch nie dagewesenen Sprache motiviert die Mutter Teresa unserer Generation dazu, Erfolg um jeden Preis zu haben. Überhaupt scheint Erfolg das absolut wichtigste im Leben zu sein. Auch kleine Erfolge besitzen keinen Stellenwert und sind, wenn überhaupt, schmückendes Beiwerk. Erfolg ist anscheinend eine Sache des Geldes und der Anzahl wie häufig man in BILD erscheint.

Und somit ist Herr Kahn wohl ein weiteres Beispiel unserer Zeit. Sich selbst zu finden oder Erfolge in der eigenen Entwicklung zu erreichen, werden alle überschattet von dem finanziellen Ruhm. Unter dem Deckmantel der Selbsterkenntnis wird diese dazu in „Ich“ benutzt um seinen Reichtum und sein Ansehen zu vermehren.

Und natürlich fehlen auch die für Skandale vorgemünzten „Enthüllungen“ nicht. So habe Kahn sich zum Beispiel unter der Dusche angepinkelt. Was für eine Offenheit! BILD muss ja was zu schreiben haben…

Dieser „Ratgeber“ ist dermaßen oberflächlich und von seinem eigenen kleinen Wolkenkuckucksheim aus geschrieben, dass es eine absolute Frechheit ist dies an Menschen unter dem Vorwand der Hilfe und Selbsterkenntnis zu verkaufen. Hauptsache man bleibt über die sportlichen Leistungen hinaus noch im Gespräch.

Sowieso scheinen, nach dem Skandal-Biographien-Hype, jetzt die Ratgeber der Möchtegern-Stars in zu sein. Die Bios dienten wenigstens ziemlich sichtbar nur zur Ruhm- und Geldvermehrung, aber dies jetzt noch unter einem „Wir wollen ja nur das Beste für euch“ zu verstecken, ist kommerziell widerlich. Nicht nur, dass in Castingshows von Menschen wie Dieter Bohlen aus Kommerzgründen Träume und Emotionen zerstört werden, so geht es jetzt auch noch den Leuten an den Kragen, die einfach nur von ihren Idolen lernen wollen. Bescheuert genug!

Und so macht es auch Oliver Kahn, der sich im Kapitel über Authenzität beispielsweise lieber mit der Wikipedia (!) Erklärung von Authenzität von Gegenständen definiert als der von Menschen. Die Marke Ego hat gewonnen. Heil euch selbstlosen und rücksichtsvollen Vorbildern, in deren Schatten wir uns suhlen dürfen!

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One Comment

  1. Modder

    18. Mai 2008 at 16:35

    Auch hier einmal mehr die Selbstverständlichkeit, mit der „unsere Eliten“ glauben, mit ein bischen Schall und Rauch Blendwerk zu betreiben und von der Dummheit und Eitelkeit ihrer „Untertanen“ zu profitieren. Das schlimme ist, das Typen wie Kahn und Co dafür auch noch belohnt werden. Erfolg ist hier weniger Leistung denn Zugehörigkeit zu einer selbstgefälligen Kaste, die erst durch das Leid und die Verblödung vieler „gewinnen“.

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